Chronische Niereninsuffizienz (CNI)
Die stille Zerstörung der Nieren
Chronische Niereninsuffizienz, oder kurz CNI, ist eine Erkrankung, bei der die Nieren schrittweise ihre „lebenswichtige Funktion“ verliert. Um besser zu verstehen wie dramatisch dieser Verlust ist, erläutere ich Dir vorerst, was gesunde Nieren täglich leisten.
Ihre Aufgaben
- Filtration und Reinigung des Blutes: Die Nieren filtern schädliche Stoffe, Giftstoffe und Abfallprodukte des Stoffwechsels aus dem Blut, die dann über den Urin ausgeschieden werden. Der Urin besteht hauptsächlich aus Wasser, enthält aber auch sogenannte harnpflichtige Substanzen. Dabei handelt es sich um körpereigene Abbauprodukte wie Harnstoff, Harnsäure und Kreatinin.
- Regulierung des Flüssigkeits- und Elektrolythaushalts: Sie sorgen dafür, dass der Wasserhaushalt im Körper im Gleichgewicht bleibt und regulieren wichtige Mineralstoffe wie Natrium, Kalium und Kalzium.
- Blutdruckregulation: Die Nieren spielen eine wichtige Rolle bei der Regulation des Blutdrucks, indem sie das Enzym Renin freisetzen, das ähnliche Funktionen wie ein Hormon hat. In den Nierenkörperchen befinden sich spezielle Sensoren, die einen Blutdruckabfall sofort erkennen und entsprechend gegensteuern, um den Blutdruck wieder anzuheben.
- Säure-Basen-Haushalt: Sie helfen, den pH-Wert des Blutes zu stabilisieren, indem sie überschüssige Säuren oder Basen aus dem Körper abtransportieren. Dadurch bleibt das Säure-Basen-Gleichgewicht im Körper konstant.
- Hormonproduktion: Die Nieren produzieren Hormone wie Erythropoetin. Es fördert die Bildung und Reifung roter Blutkörperchen im Knochenmark. In den Nieren wird Vitamin D aus einer inaktiven Vorstufe in ein biologisches Stoffwechselprodukt umgewandelt. Dies ist wichtig für gesunde Knochen und unterstützt die Leistung der Muskeln.
- Ausscheidung von Medikamenten und Toxinen: Neben Stoffwechselabfällen scheiden die Nieren auch überschüssige oder abgelaufene Medikamente und andere schädliche Substanzen aus.
Wie du siehst, übernehmen die Nieren sehr viele und vor allem wichtige Aufgaben. Ist ihre Funktion eingeschränkt, hat dies schwerwiegende Auswirkungen auf die Gesundheit, Lebensdauer und Lebensqualität.
Entstehung / Ursachen
Die chronische Niereninsuffizienz ist - wie bereits erwähnt - durch einen schrittweisen Verlust der Nierenfunktion gekennzeichnet, der hauptsächlich auf den Verlust von Nephronen zurückzuführen ist. Der Verlust von Nephronen bei chronischer Niereninsuffizienz ist ein komplexer Prozess, der durch verschiedene Ursachen ausgelöst wird.
- Alterung: Mit dem Alter nimmt bei den Nieren die Fähigkeit zur Filtration ab. Die Nierenstruktur verändert sich, und es kommt zu einem natürlichen Verlust von Nephronen.
- Genetische Veranlagungen: Bestimmte Hunderassen (z. B. der Dobermann, Yorkshire Terrier usw.) sind anfälliger für genetisch bedingte Nierenerkrankungen, die zu einem vorzeitigen Verlust von Nephronen führen können.
- Chronische Erkrankungen: Erkrankungen wie Diabetes mellitus oder Hypertonie können die Blutgefäße und die Nephrone schädigen. Hoher Blutdruck führt zu einer erhöhten Belastung der Nieren, was langfristig zu einer Schädigung der Nephrone führt.
- Toxische Einflüsse: Die Exposition gegenüber schädlichen Substanzen, wie Schwermetallen oder bestimmten Medikamenten oder ein Überdosis an Vitamin D, kann die Nephrone direkt schädigen und deren Funktion beeinträchtigen.
- Entzündliche Erkrankungen: Chronische Entzündungen, wie sie bei Glomerulonephritis oder Pyelonephritis vorkommen, können zu einer Narbenbildung in den Nieren führen, die die Struktur und Funktion der Nephrone beeinträchtigt. (Pyelonephritis ist eine Nierenentzündung. Sie wird am häufigsten durch eine aufsteigende Harnwegsinfektion verursacht, die das Nierenbecken erreicht. Glomerulonephritis ist die Entzündung der Glomeruli der Nieren. Sie kann durch eine bakterielle Infektion des Rachens, der Haut oder durch einen Zahnabszess verursacht werden.
Bei einer chronischer Niereninsuffizienz (CNI) kommt es häufig zu einer Fibrose, bei der gesundes Nierengewebe durch Narbengewebe ersetzt wird. Diese Narbenbildung führt zu einem weiteren Verlust funktioneller Nephrone. Der Verlust geschieht schleichend und kann über Jahre hinweg unbemerkt bleiben. Der Körper versucht, die reduzierte Nierenfunktion durch verschiedene Kompensationsmechanismen auszugleichen, doch irgendwann kann dies nicht mehr aufrechterhalten werden.
Oft wird der Verlust erst erkannt, wenn die verbleibenden Nephrone auf ein kritisches Funktionsniveau gesunken sind. Zu diesem Zeitpunkt sind die Symptome in der frühen Phase der Erkrankung oft unspezifisch, was eine frühzeitige Diagnose erschwert. Die schrittweise Schädigung der Nieren führt zu einer erheblichen Beeinträchtigung ihrer Funktion, was sich in einer Ansammlung von Abfallstoffen, Elektrolytstörungen und anderen schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen äußert.
Die Filtrationskapazität der Nieren wird reduziert, wodurch die Fähigkeit, Abfallstoffe, Wasser und Elektrolyte zu filtern, stark eingeschränkt wird. Dies führt daher zu einem Anstieg von Harnstoff und Kreatinin im Blut. Die erhöhte Konzentration dieser Abfallstoffe kann beim Hund Symptome wie Übelkeit, Erbrechen, Appetitlosigkeit und allgemeine Schwäche hervorrufen.
Zusätzlich kommt es zu einem Elektrolyt- und Flüssigkeitsungleichgewicht. Die Nieren sind nicht mehr in der Lage, den Wasser- und Elektrolythaushalt korrekt zu regulieren, was zu Dehydrierung oder einer Überladung des Körpers mit Flüssigkeit führen kann, was sich z. B. in Schwellungen äußern kann.
Der Verlust von Nephronen beeinträchtigt auch die Produktion des Hormons Erythropoetin, was wiederum zu einer Anämie führen kann. Diese fortschreitende Schädigung der Nieren führt zu einer sogenannten Urämie, bei der sich immer mehr Giftstoffe im Körper ansammeln. Das Nierengewebe stirbt allmählich ab, was zu irreversiblen Schäden führen kann und im schlimmsten Fall zu einem Nierenversagen führt.
Daher ist eine frühzeitige Diagnose entscheidend, um gezielte Maßnahmen zu ergreifen, die Nieren zu entlasten, das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen und die Lebensqualität des betroffenen Tieres zu verbessern.
Symptome
Die Symptome einer chronischen Niereninsuffizienz können ganz unterschiedlich ausfallen und zeigen sich auf verschiedene Art und Weise. Allerdings muss man betonen, dass auffallende Symptome häufig erst dann sichtbar werden, wenn bereits etwa 75% des Nierengewebes geschädigt oder abgestorben sind. Vermehrte Wasseraufnahme ist meist eins der ersten Anzeichen das auf eine CNI hinweisen kann.
Weitere Hinweise können unter anderem sein:
- vermehrtes urinieren
- Schlechter Maulgeruch (riecht nach Ammoniak)
- Schwäche, Leistungsabfall, Müdigkeit
- Übelkeit, Erbrechen, Gastritis
- Geringer Appetit
- Abmagerung
- Schlechte Fellqualität
- Durchfall
- Geschwächte Immunantwort
- Unverträglichkeiten treten auf
- Brauner schmierige Zahnbelag, blasse Schleimhäute
- Anämie
- Störung im Knochenstoffwechsel
Diagnose
Um eine chronische Nierenerkrankung (CNI) zu diagnostizieren, werden in der Regel Blut- und Urinuntersuchungen durchgeführt, um die Nierenfunktion zu beurteilen. In einigen Fällen kann auch eine Ultraschalluntersuchung notwendig sein, um ein vollständiges Bild zu erhalten. Eine CNI wird diagnostiziert, wenn die Kreatinin- und Harnstoffwerte im Blut erhöht sind. Diese Werte steigen jedoch erst an, wenn bereits etwa 75 % der Nierenfunktion beeinträchtigt sind. Zusätzlich sind aber noch weitere Blutparameter relevant, da sie bei Nierenerkrankungen ebenfalls ansteigen.
Deshalb gewinnen sogenannte Früherkennungswerte wie SDMA (symmetrisches Dimethylarginin) immer mehr an Bedeutung. Der SDMA-Wert kann frühzeitig auf eine Nierenerfunktionsstörung hinweisen, da dieser Marker laut Laborangaben bereits bei einem Verlust von etwa 30-40 % des Nierengewebes erhöht ist.
Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass SDMA auch bei anderen Entzündungen im Körper leicht ansteigen kann. Daher sollte dieser Parameter immer im Kontext zu weiteren Untersuchungen und Symptomen betrachtet werden.
Klassifizierung des Stadiums einer CNI
Nun einmal zur Nierenklassifizierung. Dies ist ein System, das dazu dient, die Nierenfunktion bei Hunden genau zu bewerten. Man kann sich das wie eine Skala vorstellen, die in verschiedene Klassen oder Stufen unterteilt ist, um den Schweregrad der Nierenerkrankung zu bestimmen. Jede Stufe gibt Aufschluss darüber, wie stark die Nieren geschädigt sind und wie weit die Erkrankung fortgeschritten ist.
Um eine einheitliche und präzise Diagnosestellung bei chronischer Nierenerkrankung (CNI) zu gewährleisten, hat die International Renal Interest Society (IRIS) eine Klassifizierung entwickelt. Diese Experten haben verschiedene Stadien definiert, die den Grad der Nierenschädigung widerspiegeln so dass man diese kategorisieren kann. Hierüber kann man die Erkrankung genau einordnen und gezielt behandeln.
Die Klassifikation der Nierenerkrankungen bei Hunden umfasst 4 Stadien:
Stadium 1: Normaler oder leicht erhöhter Kreatininspiegel, keine klinischen Symptome.
Stadium 2: Mäßig erhöhte Kreatininwerte, möglicherweise erste klinische Symptome wie gesteigerter Durst oder Urinmenge.
Stadium 3: Deutlich erhöhte Kreatininwerte, ausgeprägte klinische Symptome wie Gewichtsverlust, Appetitlosigkeit und Erbrechen.
Stadium 4: Schwere Nierenschädigung mit sehr hohen Kreatininwerten und schweren klinischen Symptomen, oft mit Multiorganbeteiligung.
Behandlung
Die wichtigste Behandlungsmaßnahme stellt eine auf das Stadium (IRIS) angepasste Nierendiät dar. Das Ziel ist es, den Verlauf der Erkrankung so lange wie möglich hinauszuzögern und das Nierengewebe zu unterstützen und vor allem zu schonen.
In der Tiermedizin kommen oft zusätzliche Medikamente wie blutdrucksenkende Mittel oder ACE-Hemmer zum Einsatz, um die Behandlung zu unterstützen. Doch es gibt noch viele andere Therapieansätze, die sich ebenfalls als sehr hilfreich erwiesen haben. Es ist entscheidend, nicht nur das erkrankte Organ zu betrachten, denn alle Organe im Körper sind miteinander vernetzt. Probleme in einem Organ können auch Auswirkungen auf andere Organe haben. Daher rate ich dazu, den gesamten Organismus im Blick zu behalten und gezielt zu unterstützen, um der fortschreitenden chronischen Nierenerkrankung effektiv entgegenzuwirken.
Fazit
Oft bleibt eine Niereninsuffizienz bei Hunden lange unbemerkt, da die Symptome zunächst sehr subtil oder gar nicht erkennbar sind. Hunde sind Meister darin, Schmerzen und Unwohlsein zu verbergen, wodurch selbst aufmerksame Besitzer die Anzeichen oft erst in einem fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung bemerken.
Daher ist meine Empfehlung, nutze z. B. die Möglichkeit zur Früherkennung, unabhängig vom Alter Deines Hundes und kontrolliere jährlich seine Organe. Es gibt einige Rassen, darunter fallen auch Mischlinge, die eine genetische Veranlagung für ein erhöhtes Risiko einer CNI aufweisen und dies kann auch schon mit 2 Jahren auftreten.
Falls dein Hund bereits die Diagnose CNI erhalten hat, ist besondere Sorgfalt bei der Fütterung entscheidend. Industriell hergestelltes Futter ist häufig nicht auf das jeweilige Stadium abgestimmt. Da es mit fortschreitender Nierenschädigung den Hunden an Appetit fehlt und weitere schwerwiegende Symptome und Probleme zum Vorschein kommen, sollte das Ziel eine optimale Nährstoffaufnahme und hohe Akzeptanz des Futters gewährleistet werden. Oftmals ist die CNI mit einer Schädigung des Magen Darm-System gepaart, daher sollte auch hierauf ein großes Augenmerk gelegt werden. Achte auch auf Zusatzstoffe, diese müssen zum Teil über die Nieren ausgeschieden werden. Auch bestimmte Mineralstoffe begünstigen die Bildung von Kristallen in der Blase, wenn sich diese im Urin anreichern.
Je früher die Diagnose gestellt und die Ernährung optimal angepasst wird, desto größer sind die Chancen, dass Dein Hund noch lange gesund und aktiv an Deiner Seite bleibt. Regelmäßige tierärztliche Kontrollen sind bei dieser Erkrankung unerlässlich, um den Krankheitsverlauf zu überwachen und rechtzeitig Maßnahmen zu ergreifen.